Anhand einer Bedarfsliste, die Boban in Kriva Palanka 2003 erstellte, wurde in der Schule fleißig gesammelt. Nach gesicherter Finanzierung und nachdem alle Lagerräume überquollen, konnten wir mit zwei Sprintern und einem LKW nach Mazedonien fahren. In Kriva Palanka angekommen, mussten wir eine Weile auf den LKW warten, der beim Zoll fest hing. Reine Schikane. Erst nach der Drohung, die Lokale Presse einzuschalten, ging es plötzlich ganz schnell und wir konnten die Hilfsgüter in der Turnhalle des Gymnasiums zwischenlagern. In mehreren anstrengenden Tag- und Nachtschichten, inklusive Überwachung der heiß begehrten Sachen, wurde alles ausgepackt, Sachen repariert, erneut verpackt und auf die Sprinter verteilt. Nach und nach wurden so die Stellen, die Bedarf angemeldet hatten,  beliefert. Bei diesen Lieferungen haben wir mit Schrecken festgestellt, dass die Situation aller Schulen und Kindergärten und die Lebensverhältnisse weitaus schlechter war, als wir angenommen hatten. Viele Sachen haben wir daheim gelassen, da wir der Meinung waren, sie seien zu schlecht. Weit gefehlt. Einige Mädels von uns  sind in der Stadt spazieren gegangen und dabei buchstäblich ins Romaviertel gestolpert. Sie waren entsetzt und kamen verweint zurück.

Die dort gesehenen Verhältnisse  waren das Schlimmste, was sie je in ihrem Leben gesehen hatten. Hier bestand akuter Handlungsbedarf. Aber was konnten wir jetzt noch tun? Alle Hilfsmittel waren bereits verteilt worden, nicht aber die vielen Kartons, voll mit Jeanshosen, Jeansjacken, Röcken und Schuhen, die ein Jeansgeschäft in Tübingen gespendet hatte, da sie nicht mehr zu verkaufen waren. Alles brandneu!

Da  wir einige Schultische nicht ausgeliefert hatten, stellten wir sie flugs im Romaviertel auf, packten die Jeanssachen drauf und verteilten sie an die Roma, die sich in einer Schlange anstellen mussten. Obwohl die Mädels von der Polizei gewarnt worden waren, dass man so was nicht ohne Polizeischutz machen könnte, haben sie sich nicht daran gehalten. Aber nichts ist passiert. Die Mädels hatten alles und alle fest im Griff. Mit dem Gefühl, etwas Gutes getan zu haben, traten wir nach dieser erfolgreichen und ereignisvollen Woche den Heimweg an. Aber wir hatten dennoch das  Gefühl, nicht genug getan zu haben. Bei der anschließenden Aufarbeitung des Projekts bei einem Nachtreffen, beschlossen wir, in Zukunft den Fokus auf die Roma zu richten und ihnen verstärkt zu helfen.

Das war die Geburt des Kindergartens.